Newsletter April 2013
Liebe Mitglieder, Freunde, Förderer und
Interessierte der IFRK e.V.,
am
9. Februar 2013 erschien in der „WirtschaftsWoche“ ein Interview von
dem Journalisten Jürgen Rees mit dem Mathematikprofessor Wolfram
Meyerhöfer von der Universität Paderborn.
(Zum Interview...).
Professor Meyerhöfer
beschreibt in diesem Interview aus Sicht des Mathematikdidaktikers, wie
Kinder und zwar alle Kinder, und damit auch Kinder mit großen Problemen
in Mathematik, einen Zugang zum Rechnen bekommen können.
„Jedes Kind
kann rechnen lernen“, wenn es denn einen guten Unterricht bekommten,
das ist die zentrale These des Interviews. Sie wird vertieft durch
einige Beispiele, mit denen er zeigt, wie Mathematik im Unterricht
verständlich für alle Kinder gestaltet werden kann. Aus diesen
Beispielen geht hervor: Professor Meyerhöfer versteht sein Fach; mit
ihm als Coach lassen sich sicher Rechenschwächen vermeiden.
Allerdings
geht er davon aus, „dass zwei Drittel der Kinder gar nicht beschult
werden müssten. Ihnen reicht es aus, wenn der Lehrer interessante
Aufgaben stellt, den Lösungsweg erarbeiten sie selbst. Umso intensiver
muss der Lehrer dann auf das verbleibende Drittel eingehen, das eben
nicht alleine klarkommt“.
Dabei räumt er ein, dass die Didaktik
der Mathematik noch in den Anfängen steckt, was die effiziente
Wissensvermittlung der mathematischen Grundlagen angeht.
Professor
Meyerhöfer, so dürfen wir hoffen, wird sein Knowhow dafür einsetzen,
dass die von ihm auszubildenden Lehrerinnen und Lehrer befähigt werden,
diesen guten Unterricht zu leisten.
Auch die IFRK wünscht sich
diesen guten Mathematikunterricht für alle Kinder. Das Thema „Jedes
Kind kann rechnen lernen“ hat die IFRK schon vor einigen Jahren als
Vortragsthema angeboten: Dr. Andrea Schulz aus Berlin referierte
anlässlich des Kongresses „Legasthenie – Dyskalkulie – sicher erkennen,
nachhaltig fördern“ im Jahr 2010 in der Kongresshalle Böblingen
anschaulich und kompetent zu eben diesem Thema (vgl.Abaküs(s)chen
Nummer 23, S. 24-31)
Solange es diesen guten
Mathematikunterricht jedoch (noch) nicht flächendeckend in allen
Bundesländern gibt, brauchen wir (leider) den Begriff
Rechenschwäche/Dyskalkulie, um die Kinder, die in Mathematik besonders
förderbedürftig sind, diagnostizieren und adäquat fördern zu können.
Und wir brauchen (leider) auch Erlasse oder Verwaltungsvorschriften,
die den schulischen Umgang mit diesen Kindern regeln und damit
Rechtssicherheit bieten.
Die Aussage von Professor Meyerhöfer,
die Rechenschwäche sei ein konstruiertes Phänomen, erfunden von Eltern
und Lehrerinnen und Lehrern, um sich aus der Verantwortung zu stehlen,
können wir als Elterninitiative mit langjähriger Erfahrung in dieser
Problematik nicht nachvollziehen. Auch ist aus unserer Sicht das
Etikett „rechenschwach“ für betroffene Kinder keine „Beschädigung“, die
„jeden Ansporn, Mathe zu lernen“ nimmt, sondern ein entlastendes
Etikett, das sie aufatmen lässt und ihnen Mut zum Weiterlernen gibt,
allerdings unter einer neuen Voraussetzung, nämlich der adäquaten
individuellen Förderung.
Die Diagnose
Rechenschwäche/Dyskalkulie ist aus unserer Sicht allerdings nicht von
einem Mediziner zu stellen, wie Professor Meyerhöfer mutmaßt, denn
Rechenschwäche ist keine Krankheit, sondern von einem Kinder- und
Jugendpsychologen, der feststellt, ob eine Diskrepanz in der Begabung
vorliegt: nämlich völliges Versagen im mathematischen Bereich, aber
durchschnittliche bis sehr gute Leistungen in allen anderen
Begabungsbereichen.
Kinder mit dieser Diagnose brauchen besondere Fürsorge! Auch und gerade die Mathematikdidaktiker sollten das wissen!